![Beitragsbild zum Text: Sei ein Kreuzträger von Vishal Mangalwadi](/img/containers/images/artikel/salzkorn/sei_ein_kreuztraeger_beitragsbild.jpg/9c1c4856c9f25faab9d8d68eae8fb7a4/sei_ein_kreuztraeger_beitragsbild.webp)
Sei ein Kreuzträger
In einer stagnierenden, unfreien Gesellschaft trauern die Alten oft vergangener Herrlichkeit nach. Die Jungen finden sich damit ab, mit der gegenwärtigen Realität zu leben. Keiner ergreift mit Freimut und in der Autorität Gottes das Wort für Gerechtigkeit und Wahrheit. Jesus versprach seinen Jüngern die Kraft des Heiligen Geistes, um sie zu seinen Zeugen zu machen. Wie wirkt und handelt der Geist Gottes heute unter uns?
Unmittelbar vor seiner Himmelfahrt sagte Jesus zu seinen Jüngern: Ihr werdet den Heiligen Geist empfangen und durch seine Kraft meine Zeugen sein (Apg 1,8). Ihre Aufgabe sei es, in die Welt hinauszugehen und, erfüllt mit göttlicher Kraft, freimütig Zeugnis von der Königsherrschaft Jesu abzulegen, um die Welt unter die Autorität und Herrschaft Gottes zu bringen (siehe Apg 1,8; Mt 28,18-20). Das bedeutet:
Der Geist Gottes prägt die Kultur
Nachdem die Jünger mit dem Heiligen Geist getauft waren, zitierte Petrus aus dem Buch des Propheten Joel und sagte, die Folge der Ausgießung des Heiligen Geistes werde sein, dass die jungen Männer Visionen empfangen, die alten Männer bedeutungsvolle Träume haben und alle Männer und Frauen Gottes prophetisch reden (Apg 2,17-18). Im Alten Testament malte Joel dieses großartige Bild davon, wie es sein würde, wenn Israel wiederhergestellt wird. Diese Wiederherstellung war nicht nur eine Befreiung von ausländischen Herrschern und der Überfluss an Nahrung und Wein (Joel 2,18-22). Sie bestand auch in einer Ausgießung des Geistes Gottes und einem großen Aufblühen inspirierter, gesunder und positiver Kreativität, die sich in einer Lebensqualität und geistlich geprägten Kultur manifestiert, die Gott zum Lob gereicht (Joel 2, 26-3,2). In einer stagnierenden, unfreien Gesellschaft haben alte Männer keine bedeutungsvollen Träume. Sie trauern vergangener Herrlichkeit nach. Junge Männer werden nicht von Hoffnungsvisionen für die Zukunft inspiriert; sie finden sich damit ab, mit der gegenwärtigen statischen Realität von Verzweiflung und Trübsal zu leben. Die kreativen Quellen des Lebens vertrocknen, und im Herzen der Menschen gibt es keinen Lobgesang. Niemand ergreift mit Freimut und in der Autorität Gottes das Wort für Gerechtigkeit und Wahrheit. Nicht nur die Masse, sondern auch die Mächtigen verbeugen sich vor dem Bösen und ziehen es vor zu schweigen. Eine solche stagnierende, unfreie Gesellschaft war Israel bis zum Pfingsttag gewesen. Petrus, ein Fischer, ein gewöhnlicher Mann wurde wie ein mächtiger Prophet der alten Zeit. Mit der Autorität göttlichen Freimuts konfrontierte er Israel mit seiner Feigheit und Grausamkeit bei der Kreuzigung Christi. Das war ein kraftvolles prophetisches Zeugnis der Wahrheit.
Der Geist der Wahrheit
Jesus versprach seinen Jüngern die Kraft des Heiligen Geistes, um sie zu seinen Zeugen zu machen. Ein Zeuge ist jemand, der etwas weiß. Die Apostel waren Augenzeugen Jesu Christi, weil sie, wie sie sagten, die ganze Zeit bei Jesus waren, angefangen von dem Tag, an dem Jesus von Johannes getauft wurde, bis zu dem Tag, an dem Gott ihn zu sich nahm (Apg 1,21-22). Der Apostel Johannes wusste, wovon er und die Jünger redeten: Das Wort, das zum Leben führt, war von Anfang an da. Wir haben es selbst gehört. Ja, wir haben es sogar mit unseren eigenen Augen gesehen und mit unseren Händen berührt. Dieses Leben hat sich uns gezeigt. Wir haben es gesehen und können es bezeugen. Deshalb verkünden wir die Botschaft vom ewigen Leben. Es ist von Gott, dem Vater, gekommen, und er hat es uns gezeigt. Was wir nun selbst gesehen und gehört haben, das geben wir euch weiter, damit ihr mit uns im Glauben verbunden seid. Gemeinsam gehören wir zu Gott, dem Vater, und zu seinem Sohn Jesus Christus (1 Joh 1,1-3).
Der Geist der Erkenntnis
Warum ist Reform notwendig? Was kann ein Volk, eine Zivilisation zerstören? Bei Hosea können wir lesen, dass ein Volk ins Verderben läuft, weil es den richtigen Weg nicht kennt (Hos 4,6; siehe auch 4,14). Weil Gott alle Völker segnen möchte, hat er versprochen, seinen Knecht mit dem Geist der Erkenntnis zu salben: Der Geist des Herrn wird auf ihm ruhen, ein Geist der Weisheit und der Einsicht, ein Geist des Rates und der Kraft, ein Geist der Erkenntnis und der Ehrfurcht vor dem Herrn (Jes 11,2). Erkenntnis ist notwendig, wenn man ein Zeuge sein will. Aber Erkenntnis allein reicht nicht. Angenommen, Sie werden Zeuge eines Mordes, den eine Bande von Drogendealern begeht, die gute Beziehungen zu Politikern und Polizei hat. Können Sie sich dann in den Zeugenstand stellen und aussagen, dass diese Bande (ähnlich wie die Bande aus Hohepriestern, Herodes und Pilatus) einen unschuldigen Mann umgebracht hat? Es mag sein, dass Sie die Wahrheit kennen, aber für das Wagnis, ein Zeuge zu sein, brauchen Sie Kraft, besonders, wenn Ihr Zeugnis darauf abzielt, eine böse und brutale Machtstruktur auszuhebeln, die mit Unterdrückung und Ungerechtigkeit vorgeht. Ein radikaler Zeuge, der das Unrecht in einer Gesellschaft an der Wurzel anpackt, ist ein prophetischer Zeuge.
Prophetie – eine Gabe des Heiligen Geistes
Wenn das Neue Testament dazu auffordert, uns nach der Gabe der Prophetie auszustrecken, fordert es uns auf, Evangelisten zu sein. Ein Prophet ruft zur Buße und Abkehr von unmoralischem Verhalten und ebenso von unwahren Überzeugungen als Vorbedingung für die Vergebung. Ein Grund, warum die Gemeinde Jesu heute so wenig Wirkung entfaltet, liegt darin, dass wir die Lügengebäude, an die unsere Gesellschaft glaubt, unbehelligt lassen. In Indien haben wir Evangelisten, die gegen das Rauchen und Trinken predigen, aber wir finden selten jemanden, der gegen den Götzendienst predigt. Dabei sind falsche Überzeugungen die Grundlage für viel menschliches Elend. Der Heilige Geist gibt uns die Kraft zu einem reformierenden Zeugnis, weil er uns die Gabe der Prophetie schenkt, und dazu gehört auch, die Übel des Reiches Satans zu verurteilen und dagegen zu protestieren. Wenn man Jesus als König des Himmels proklamiert, setzt man sich im Allgemeinen keiner Verfolgung aus. Aber wenn wir anfangen, Jesus zum Herrscher über die Könige der Erde auszurufen, werden wir Ärger bekommen. Denn damit legen wir den Maßstab seiner Gerechtigkeit an die Welt um uns herum an und stellen die Forderung, dass sein Wille auf Erden wie im Himmel geschehen soll. Paulus trat der Sünde des Ehebruchs in der Gemeinde in Korinth entgegen (1 Kor 5,4- 5). Er sagte ihnen, das Reich Gottes manifestiere sich nicht allein in Worten, sondern in der Vollmacht, Sünde zu verurteilen und um der ewigen Errettung willen zu ahnden. Viele Christen heute gleiten wie die Korinther in die Promiskuität ab, weil Gemeindeleiter der Sünde nicht mehr entgegentreten. (…) Ein solches Zeugnis erfordert große Kraft, und ein wesentlicher Aspekt der Kraft des Heiligen Geistes ist die Kraft, die Welt zu verurteilen. Im juristischen Sinne des Wortes Urteil (das die Vollmacht zur Bestrafung beinhaltet) werden die Heiligen über die Welt urteilen, nachdem Jesus wiedergekommen ist (2 Kor 5,9-13; Off 2,26-27; 20,4-6). Doch im moralischen und prophetischen Sinne des Wortes Urteil beginnt unsere Aufgabe schon, sobald wir durch den Heiligen Geist ermächtigt sind. Jesus sagte: Und ist [der Heilige Geist] erst gekommen, wird er den Menschen die Augen für ihre Sünde öffnen, für Gottes Gerechtigkeit und sein Gericht (Joh 16,8). Wie wird der Geist Gottes der Welt die Augen öffnen? Offensichtlich durch Menschen, die mit dem Geist erfüllt sind.
Die Kraft, zu verurteilen
Wenn wir die Sünde der Welt verurteilen, wird die Welt uns zwangsläufig verfolgen. Jesus wurde nicht getötet, weil er den Menschen den Weg zum Himmel zeigte. Die Welt hasse ihn, so sagte er, weil ich ihr böses Tun beim Namen nenne (Joh 7,7). Wir müssen nicht nur davon Zeugnis ablegen, wer Jesus ist, sondern auch davon, was die Welt ist. Die Bibel sagt, dass wir die finsteren Machenschaften der Welt aufdecken müssen (Eph 5,11). Dazu brauchen wir Kraft. Denn wenn wir die Welt verurteilen, schlägt die Welt zurück, indem sie uns verurteilt. Als vierzehn Künstler – von einem Verleger dazu aufgefordert – den Mut hatten, Mohammed zu zeichnen, reagierte die muslimische Gemeinschaft darauf, indem sie gewaltsame und mörderische Proteste in aller Welt organisierte, um durch Schikanen die europäische Presse gefügig zu machen. (…) Die Puritaner schufen die freie Presse, weil sie ihr Kreuz als Propheten auf sich nahmen. Ein Säkularismus, der den Heiligen Geist ablehnt, hat keine Kraft, sein Kreuz auf sich zu nehmen und ein prophetisches Zeugnis für die Wahrheit abzulegen. Er kann die Freiheit der Presse nicht aufrechterhalten.
Die Kraft zur Transformation der Gesellschaft
Errettung und Gericht sind untrennbare Seiten derselben Münze: Gottes Heiligkeit und sein Hass gegen das Böse. Die Gemeinde als der Leib Christi hat die Aufgabe, sowohl ein Organ des Heils als auch ein Organ der Gerechtigkeit Gottes zu sein. Der Verlust dieser ausgewogenen Perspektive hat die Gemeinde ihrer Dynamik zur Transformation der Gesellschaft beraubt. Der Protestantismus protestiert nicht mehr gegen das Böse, weil er sich lediglich als Kanal des göttlichen Heils und nicht der göttlichen Gerechtigkeit sieht. Was heißt es denn, dass Jesus der Herrscher über die Könige der Erde ist, wenn er sie nicht richtet? Was nützt es, wenn sein Geist nicht diejenigen, die er erfüllt, dazu ermächtigt, ein prophetisches Urteil zu verkünden? (…) Martin Luthers Predigt über die Rechtfertigung allein durch Glauben war eine Verurteilung eines Establishments, das korrupt geworden war. Darum erforderte sie enorme Kraft, und darum führte sie zu so gewaltigen Veränderungen und zu vielen Bekehrungen. Die Predigt des Paulus über Jesus und sein Kreuz war die Verurteilung des ausbeuterischen jüdischen und römischen Establishments. Darum galt Paulus als ein Gegner des jüdischen Gesetzes, der Versklavung durch Tempelkult und Traditionen. Kein Wunder, dass er für eine solche Verkündigung Kraft von oben brauchte. Ein solches Zeugnis muss mit dem eigenen Blut besiegelt sein. Es muss das Zeugnis eines Kreuzträgers sein.
Die Kraft, das Kreuz zu tragen
Jesus, der seine Jünger beauftragte, als seine Zeugen hinauszugehen, rief sie zu einem Leben unter dem Kreuz auf. Die Jünger waren bereit, den Kelch zu trinken – das Leiden und die Erniedrigung des Kreuzes –, den Jesus trank (Mt 20,22), aber sie hatten nicht die Kraft dazu. Wie Jesus sagte, war ihr Geist willig, ihr Fleisch aber schwach (Mt 26,41).
Wer keine zwei Monate nach seiner Ermordung in Jerusalem die Behauptung aufstellte, Christus sei in der Tat der König, der spielte mit seinem Leben. Wie hätten die Jünger, die kurz zuvor noch vor der Verfolgung geflohen waren, Zeugnis von der Königsherrschaft Jesu ablegen können, wenn sie keine Kraft empfangen hätten, die von außerhalb ihrer selbst kam? Die Jünger waren in der Lage, Wunder zu vollbringen, lange bevor sie am Pfingsttag mit dem Heiligen Geist getauft wurden, aber sie waren zu schwach, sich der Verfolgung zu stellen (Mt 10,1; Lk 10,17). Was sie brauchten, war der Mut, die korrupte und grausame Gesellschaft mit ihrer Sünde zu konfrontieren, sie zur Umkehr aufzurufen und die Konsequenzen einer solchen Konfrontation, nämlich Verfolgung, zu tragen. Das war genau die Verwandlung, die die Taufe mit dem Heiligen Geist in den Jüngern bewirkte. Als die jüdischen Führer, die Jesus getötet und die Apostel verhaftet hatten, plötzlich erlebten, dass „einfache Leute ohne besondere Bildung“ wie Petrus und Johannes ihnen voller Mut entgegentraten, wunderten sie sich sehr (Apg 4,13). Die Führer ließen die Apostel verhaften, bedrohen und auspeitschen und warnten sie, nicht mehr im Namen Jesu zu reden. Doch die Jünger hatten die Kraft, die Warnungen zu missachten, sich über die Verfolgung zu freuen und sich bewusst zum Ungehorsam gegenüber dem Staat zu entschließen. Durch ihren Ungehorsam proklamierten sie, dass sie einen neuen König hatten und der Herrschaft Gottes untertan waren. Ihre Bereitschaft, zu leiden und zu sterben, war ein Zeugnis ihrer Gewissheit und ihres Glaubens an die Auferstehung. Eine solche Bestätigung der Souveränität Gottes durch das Tragen des Kreuzes ist politische Freiheit.
Auszug (gekürzt) aus: Wahrheit und Wandlung, Was Europa heute braucht. FontisVerlag, Basel 2016, S. 203-217