Als lebendiger Stein

Von Abbrüchen zum Aufbau

Anfang 2013, nach über 8 Jahren Mitarbeit und insgesamt 22 Jahren inniger Verbundenheit mit der OJC, bin ich wieder in meine Heimatstadt gezogen – nicht einer Vision wegen, sondern einfach einer Notwendigkeit des Lebens gehorchend: um meine Eltern auf ihrem letzten Lebensabschnitt zu begleiten. Momentan erlebe ich, hervorgerufen durch die Erschütterungen der letzten Jahre, wie Gott im Geist baut. Und das ist tiefer, herausfordernder, ganz anders gegründet als alles, was ich auf meiner Suche nach Identität und Zugehörigkeit bisher erlebt habe. Zugehörigkeit annehmen, das bedeutet, nicht mehr unabhängig zu denken und zu agieren. Das fühlt sich für mich als freiheitsliebende Single-Frau beängstigend an, und ist doch so heilsam. Jesus berief uns nicht zur Illusion einer absoluten Freiheit, sondern in echte Freiheit der Zugehörigkeit zu Ihm und zu konkreten Menschen.

Heim-gesucht

1987 Studienbeginn, Abbruch, noch ein Studium, noch ein Abbruch, 4 Monate bei der OJC und Durchbruch zu Christus, Taufe. Auf diesem Weg fand so manche Freisetzung statt. Danach war die OJC emotional zu meiner Heimat und neuen Familie geworden. Das war Anfang 1991, im Jahr des zweiten Golfkrieges. Wie gut war es, in diesem Schrecken nicht allein zu sein als junger Mensch, sondern Teil einer Großfamilie, die biblisch inspirierte Deutungsversuche anbot, welche jedoch durch den Filter meines tiefen Misstrauens hindurch mussten: Ist Gott wirklich… da? GUT? Und wenn ja, warum das alles? Wir alle kennen dieses zweifelnde Fragen, dieses „Ja, aber…“, dieses gespaltene, verführbare Menschenherz.

Vom Waisenhaus zur Gotteskindschaft

Zugehörigkeit muss dir zugesprochen werden, und du musst einwilligen. Du kannst sie dir nicht einfach ausdenken oder nehmen. Ich erinnere eine Situation vor der Tür zum Heinz-Schwarzkopf-Saal, nach einem dieser wunderbaren OJC-Feste, wo man müde, aber tief erfüllt, mit letzter Kraft noch zusammen aufräumt. Da war dieser Schmerz in mir: Alle anderen gehören dazu, zur Mitarbeiterschaft, zur Mannschaft, aber ich nicht. Ich habe alles gegeben, aber das führt nicht zur Zugehörigkeit: ich bin „nur“ Gast. So schleppe ich mich die Stufen hoch und treffe Hermann (Klenk). Er sieht mich – und spricht mir zu: „Ellen, du bist eine von uns!“– Ich: LOSHEUL, Schluchz! – da brach Neues ein in die Festung meines Waisengeistes. Auf dieses väterliche Wort hin konnte ich zum ersten Mal im Leben Zugehörigkeit annehmen. – Viele Jahre lang war ich dann von ganzem Herzen OJC-Botschafterin, aber noch nicht Reich-Gottes-Botschafterin. Im Rückblick verstehe ich: Inmitten von Erschütterungen war da ein Heils-Zeitpunkt Gottes, mich herauszulösen aus der Ursprungsfamilie, hinein in eine neue, geistliche Familie.

Nicht Gäste, sondern Mitbürger! (Eph 2,19)

Wie sehr hatte ich mir seitdem gewünscht, in der OJC eine dauerhafte Heimat auch im Sichtbaren zu finden! Die Jahre der Mitarbeiterschaft von 2004 – 2012 dienten auch zur Prüfung, ob die Gemeinschaft der mir von Gott lebenslang zugedachte Ort sei. Dass es trotz aller Hingabe- und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten nicht zu diesem „Bundesschluss“ kam, tat weh. – Nach der Trennung, in all den unlösbar scheinenden Aufgaben in der neuen alten Heimatstadt stehend, noch unter Schmerz und Depression, durfte ich dann so viel Durchtragen, so viel Güte Gottes erleben! Wunder von Begegnungen, und von weiterer persönlicher Freisetzung. Denn um zu einer Botschafterin des unsichtbaren Reiches Gottes zu werden, musste noch mächtig was geschehen, was den Herzensboden, also die Motive für mein Denken, Reden und Handeln, betrifft.

Es bedurfte auch einer klaren Entscheidung meinerseits, um diese himmlische Staatsbürgerschaft, die uns von Jesus Christus erkaufte und von Paulus zugesprochene Zugehörigkeit zu Seinem Reich, glaubend annehmen zu können: Mein Denken und Empfinden muss UNTER das Wort Gottes! Wie demütigend – und wieder so heilsam! Diese Entscheidung schlug Wellen in der Tiefe, wie Überführung und Bekennen von Generationenschuld, auch Entlarven und Ersetzen von unbewussten, ungöttlichen Glaubensinhalten und Erkennen von seelischen Bindungen. Nur der Heilige Geist selbst kann hier Offenbarung geben.

Heute schon nach der Musik von Morgen tanzen

In Seiner erstaunlichen Geduld, Liebe, Fürsorge ist Gott weiter dabei, mein Herz zu befreien, Ihm tiefer zu vertrauen und offen für echte Begegnung zu werden – für Jesus als meinen König, und für die Mitmenschen auf Augenhöhe. Die Frage, die schon im Paradies aktuell war, ob Gott ALLEIN gut ist, ist ja hinreichend von Gott selbst geklärt. Doch Herz und Gedanken müssen diese Wahrheit jeden Tag neu im Glauben ergreifen. Das ist mein täglicher geistlicher Kampf. Ich habe neu ergriffen: Mein wahres Leben ist das erlöste Leben hinter dem Kreuz! Jeder Tag ist Buß- und Bettag! Tschüss, Opfermentalität! Gottes Wahrheit dürfen wir aussprechen, und Worte sind schöpferisch. Die Worte Jesu sind zutiefst befreiend! Und noch ein Wunder: Gott stellte mir in meiner Stadt eine Schwester-im-Herrn zur Seite, die das neue Leben aus Christus in Klarheit lebt und erklären kann. Die Unglauben konfrontiert. Gemeinsam mit anderen lernen wir, in dieser himmlischen Zugehörigkeit zu laufen und verheißungsorientiert statt erfahrungsorientiert zu
beten.

so lasst euch einbauen als lebendige Steine… (1 Petr 2,5)

Mit diesen Menschen verbindet mich nun diese tiefe Zugehörigkeit. Das ist eine andersartige Substanz als gefühlte Sym- oder Antipathie, obwohl diese Seelenkräfte erst mal lauter reden. Ich erlebe staunend: Gott baut IM GEIST mit uns lebendigen Steinen! Gerade in den Zeiten der Erschütterungen kamen neue Zuordnungen hervor. Und dass ich mich zusammen mit Weggefährten eingebunden weiß in geistliche Kreise auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, das gibt Stabilität und klärt Berufung. Ich durfte Freiheit gewinnen, mich unter Sein Wort und Seine Leitung stellen. Das bringt Frieden.

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