Eine Frau steht mit Mikrofon in der Hand auf einer Bühne in einer Großstadt.

Kirche ist immer Exil

Unsere Bürgerrechte in Babylon geltend machen

Das Wahlkampfgetöse in den USA und in weiteren Ländern des Westens hat auch die Gemeinden mehr denn je polarisiert. Dabei ist das Ringen um ein rechtes Verhältnis zwischen göttlicher und weltlicher Autorität so alt wie der Glaube. Preston Sprinkle widmet sich in einer Predigt bei der Transformation Church Indian Land (South Carolina) der Frage, wie sich das Selbstverständnis des Gottesvolkes im Spannungsfeld zwischen der Hingabe an Gott und der Bewährung im Gefüge weltlicher Ordnungen ausbildet. Auf welcher Glaubensgrundlage kann Kirche heute überhaupt zur politischen Willensbildung beitragen und Gesellschaft prägen? Wir drucken die Predigt in einer von Dr. Sprinkle nicht autorisierten, aber freundlicherweise genehmigten, von uns übersetzten und gekürzten Fassung. Es gilt das gesprochene Wort.

Vor allen Dingen sind wir Bürger des weltweiten, multiethnischen, sich über alle Länder erstreckenden Königreiches Christi. Wo immer wir leben, sollte das unseren Blick auf die Politik unseres Landes bestimmen: Wir sind Erben des durch Jesu Blut erworbenen Königreichs, in dem sich die Herrschaft Gottes auf Erden verleiblicht und unter den Völkern ausbreitet.

Identität als Volk Gottes

Zugleich haben wir den Auftrag, ehrbare Bürger der Nationen zu sein, in denen wir leben. Trachtet nach dem Wohlergehen der Stadt, in die ich euch habe deportieren lassen, lautet die einschlägige Botschaft des Propheten Jeremia (Kap 29,7) an die jüdischen Exilanten in Babylon. In ähnlicher Weise mahnt Paulus die Gemeinde in Rom: Seid der Obrigkeit untertan (Röm 13,1) oder Petrus im apostolischen Brief: Als Volk Gottes sollen wir ehrbar sein, für die Führer des Volkes beten, uns für das Wahre, Gute und Gefällige einsetzen, die Mitbürger, ja sogar die Feinde lieben und uns der Bedürftigen annehmen (vgl. 1 Petr 2). Die Bereitwilligkeit folgt aus unserer ersten Identität als Angehörige des durch Christi Blut erkauften, weltweit wirksamen, in alle Völker verstreuten – sprich exilierten – Königreichs: sie prägt maßgeblich unseren Blick auf alle politischen Realitäten.

Ist euch „Exil“ im Zusammenhang der Bibel ein Begriff? Ich selbst verwende ihn, weil er eine hilfreiche Perspektive auf die Kirche als Volk Gottes im Gefüge der Völker gewährt. Israel hatte sich von Gott abgewandt. Nach wiederholten Warnungen kam schließlich um 600 v. Chr. das angedrohte Ende. Gott ließ das Reich der Babylonier im Osten erstarken. Das Heer zog durch die Wüste bis Jerusalem, unterwarf und schleifte die Stadt. Die Sieger richteten ein Blutbad in der Bevölkerung an, zerstörten den Tempel und verschleppten viele führende Familien nach Babylon.

Nun war das Leben im Exil nicht in jeder Hinsicht so schlimm, wie man gemeinhin denkt. Die Juden genossen ein gewisses Maß an religiöser Freiheit, bewirtschafteten die Felder, legten Weingärten an und bauten sich Häuser. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass manche sogar zu beträchtlichem Wohlstand gelangten. Das Exil sollte sie nicht vernichten, sondern zu loyalen Bürgern des Großreichs machen. Solange sie treu ergeben waren, durften sie entscheiden, welchen Gott sie anbeten. Der Prophet Jeremia ließ den Verschleppten ausrichten, sich als Bürger zu bewähren (Kap 29). Allerdings sollten sie nie vergessen, dass sie selbst nicht aus Babylon stammen. Sie sollten vielmehr den einen wahren Gott anbeten, der Herr und Richter über alle Völker ist, und für die Stadt beten. Er, der Babylon die Macht gegeben hat, die Juden dorthin zu deportieren, würde selbst dafür Sorge tragen, dass Babylon nach Ablauf von 70 Jahren sie wieder nach Hause bringt.

In der Machtsphäre der Weltreiche

Das Volk Gottes sollte verstehen: Ja, du bist im Exil in Babylon, aber wenn man dir das Beten verbieten will, stell dich beim Gebet ans Fenster! Wenn sie dir gebieten, dich vor den Götzen zu beugen, steh aufrecht und stolz. Wenn sie versuchen, dir ihre babylonischen Lebensgewohnheiten aufzudrücken, dann zeig Widerstand – auch wenn man dich den Löwen zum Fraß vorwirft. Du bist ein Exilant, der Jahwe anbetet, kein Babylonier. Verwechsle nie die Identitäten.

Im Exil, und später auch in der Heimat, versammelten sich die Juden in Synagogen und beteten weiter zu Jahwe, dem wahren Gott. Wenn ich diese Geschichten in der Bibel lese, versuche ich mir vorzustellen, wie es wohl war. Wie war der Umgang der Israeliten mit ihren babylonischen Nachbarn? Bestimmt haben die Exilanten auch darüber debattiert, welcher Herrscher Babylon besser regiert: Nebukadnezar oder Nabonidus. Ich wüsste auch gerne, ob es in den Synagogen eine Fraktion gab, die „Make Babylon Great Again“ forderte, während eine andere sich für „Build Back Better Babylon“ stark machte. Zweifellos gab es auch unter den Juden in Babylon die unterschiedlichsten Positionen, was in Ordnung ist. Es wäre aber sicher nicht im Sinne Gottes gewesen, wenn sie sich dermaßen in die politischen Grabenkämpfe hineingesteigert hätten, dass sie darüber ihre Identität und ursprüngliche Bestimmung aus dem Blick verloren hätten: ein heiliges Volk zu sein, eine königliche Priesterschaft und ein Licht unter den Völkern, unter denen sie lebten.

Ein Leben im Gaststatus

Siebzig Jahre später fiel Babylon an das Perserreich. Die persische Ordnung gestattete den Exilanten, in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Viele Juden – wenn auch nicht alle – siedelten zurück ins gelobte Land. Jetzt waren sie zwar in der Heimat, frei waren sie deswegen aber noch lange nicht. Sie zahlten als Untertanen des persischen Reiches Steuern und hatten auch keinen eigenen König. Das Volk harrte weiterhin der Verheißung, dass einmal wieder ein Nachkomme Davids den Thron bestiege. Selbst der restaurierte Tempel war nicht mehr derselbe. Er war klein und die Herrlichkeit Gottes, die einst den Tempel Salomos erfüllt hatte, zog nicht wieder so ein. Beim Bußgebet in der großen Versammlung klagt Israel: Wir stehen vor dir als Knechte in dem Land, das du unseren Vätern gegeben hast (Neh 9,36). Über die Zeit der Verbannung hinaus blieb das Exil dauerhaft wesentlicher Bestandteil der religiösen und politischen Identität des jüdischen Volkes. So erlebten die Israeliten Jahrhunderte später die griechische Fremdherrschaft und danach die Unterwerfung unter das Römische Reich. Die ersten Christen, mehrheitlich gebürtige Juden, hatten dieses Selbstverständnis bis ins erste Jahrhundert hinein übernommen.

Petrus adressiert die Geschwister als auserwählte Exilanten, die in der Zerstreuung leben, in Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien (1 Petr 1,1). Eine eigentümliche Anrede, war doch ihr Leben in den Regionen des Mittelmeerraumes kein wirkliches Exil. Dem Apostel geht es darum, ihre sozio-politische Identität herauszustreichen: Vor allen Dingen sind sie Bürger des mit Blut erkauften, weltweiten, multiethnischen Königreiches Christi, in dem das herrschende Wertgefüge des Imperium Romanum aus den Angeln gehoben wird. Tatsächlich bezeichnet Petrus in den Grußworten am Ende Rom als „Babylon“, wenn er schreibt: Es grüßt euch aus Babylon die Gemeinde, die mit euch auserwählt ist (5,13). Für ihn steht fest: Christen leben buchstäblich im babylonischen Exil.

Der Gaststatus wurde zum bestimmenden Kennzeichen auch der frühen Kirche. So richtet Clemens von Rom, ein apostolischer Leiter im ersten Jahrhundert, seine Briefe an „die Gemeinde Gottes, die in Rom weilt“ und „die Gemeinde Gottes, die in Korinth weilt“. Noch Polykarp im zweiten Jahrhundert schreibt an „die Gemeinde Gottes, die in Philippi weilt.“ Entsprechend könnte ich euch heute als „die Gemeinde Gottes, die sich in Los Angeles aufhält“ anreden, oder als „die Gemeinde, die sich in Idaho aufhält“. Ob in North Carolina oder South Carolina: Christen leben in ihren Ländern als Fremde, sie sind Exilanten in Babylon.

Die Politik des Reiches Gottes

Leute sagen oft: „Jesus verfolgte keine politischen Absichten.“ Nun, das hängt davon ab, was man unter „politisch“ versteht. Es stimmt: Es ging ihm nicht um konkrete politische Fragen, wie sie etwa uns in Amerika bewegen. Jesus war kein Parteigänger, aber doch insofern politisch, als seine Aussagen massive politische Relevanz haben und unser Denken über Politik prägen. Er ging im Land umher und verkündete: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahegekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium (Mk 1,15), an die frohe Botschaft. In über hundert Versen über Leben und Lehren Jesu steht das Reich Gottes im Fokus. Das ist das zentrale Thema seines Wirkens – darüber herrscht weitgehend Konsens unter Neutestamentlern. Jesus proklamierte das Reich Gottes auf Erden. Im ersten Jahrhundert war man sich dieser politischen Relevanz bewusst. Als Basileia – im NT das griechische Wort für das Reich Gottes – wurden üblicherweise Regierungen im Mittelmeerraum im Einzugsbereich des Römischen Reiches beschrieben. Die Predigten Jesu von einem neuen – einem anderen – Königreich haben seine Zuhörer folglich als politisch zumindest gewichtige Aussage verstanden. Als hätte er von sich gesagt: Ich bin der neue Präsident, und ich bringe eine neue Regierung ins Amt. Eine solche Ankündigung barg das Potential, die Legitimität der Vormachtstellung Roms auszuhebeln. Niemand verstand dies besser als Pilatus, Statthalter Roms, der in der Nacht, als man ihm Jesus überantwortete, überlegte, wie mit ihm zu verfahren sei. Der Pöbel verlange seine Kreuzigung, Pilatus aber zögerte. Im Verhör fragte er Jesus: „Bist du nun König oder nicht?“ Jesus wich der Antwort nur scheinbar aus; Pilatus hatte ein völlig anderes Verständnis von Königtum und von Königreichen als das Reich, das mit Jesus anbrach. Seine Erwiderung bedeutet im Wesentlichen: Was ich tue, passt nicht in deine Vorstellung von Königtum. Aber täusch dich nicht – ich bin ein König, und ich werde ein Königreich errichten. Oder, wie es in Johannes 18,36 heißt: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Reich von dieser Welt wäre, hätten meine Diener dafür gekämpft, dass ich nicht den Juden ausgeliefert werde. Aber mein Reich ist nicht von dieser Welt.

Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein. (Mk 10, 42-43)

Die Umkehrung des Machtdiskurses

Als Jugendlicher dachte ich, mit Mein Reich ist nicht von dieser Welt meint Jesus, dass er unsere Herzen regieren will und Basileia stünde bildhaft für die Erlösung der Seele, unabhängig von unserer materiellen oder physischen Realität. Das ist aber nicht, was Jesus meint. Das Reich, das er verkündet, hat enorme materielle Auswirkungen: Heilung für die Kranken, Nahrung für die Hungrigen, Gerechtigkeit für die Unterdrückten, radikale Integration der Außenseiter, Würde für Frauen und Herausforderungen für die Reichen und Eliten seiner Zeit. Dies waren sehr politische Kategorien. Das Reich, das mit Jesus angebrochen ist, war greifbar und materiell. Wenn er sagt: Mein Reich ist nicht von dieser Welt, dann meint er, dass sich die Art der Regierung, für die er steht, und die Weise des Königtums, das er verkörpert, grundlegend von der Art und Weise unterscheiden, wie irdische Königreiche funktionieren.

Es ist also die Art und Weise seiner Herrschaft, die kategorisch anders ist. Denn im Gegensatz zu den Weltreichen auf Erden gründet sie nicht in roher Gewalt, Blutvergießen und Unterdrückung. Man denke nur an die Szene in Gethsemane, als Jesus von Soldaten verhaftet wurde und Petrus dachte: Jetzt geht es los! Er zog sein Schwert und schlug einem der Männer das Ohr ab. Jesus ermahnt ihn, sein Schwert wegzulegen: So wird es nichts mit dem Königreich, wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um. Und fügt hinzu: Wenn wir wollten, könnten wir nach der Weise der Welt handeln. Wollte ich meinen Vater bitten, würde er uns im Handumdrehen zwölf Legionen Engel zur Verstärkung senden oder wir könnten sie mit Schwertern, Keulen und militärischer Macht überwältigen (vgl. Mt 26, 51-56). Wir könnten nach den Regeln der Welt spielen. Aber so geht es nicht zu in meinem Reich. Mein Reich kommt nicht durch Kampf, sondern durch Sterben. Es entsteht in Vergebung, aufopfernder Liebe und in der Liebe zum Nächsten und zum Feind. Im Herzstück des Markusevangeliums spricht Jesus über Herrschen und Dienen: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein (Mk 10, 42-43).

Der Dienende hat mehr Macht als einer, der sich mit roher Gewalt an die Spitze der Reiche dieser Welt schwingt. Es bereitet mir Unbehagen, wenn Christen klagen, dass sie in Amerika zunehmend weniger zu melden hätten. Manche denken: Wären wir nur an der Regierung, dann könnten wir dem Reich Gottes einen Schubs geben. Hätten wir nur mehr kulturelle und politische Macht, könnten wir die Welt in einen besseren Ort verwandeln. Aber so funktioniert das Reich Gottes nicht. Wir brauchen nicht die Methoden Babylons, um das Reich Christi auf der Erde zu errichten.

Das Kreuz als Königskrönung

Die wirkliche Macht des christlichen Glaubens gelangt anders zum Ausdruck: durch Vergebung, opferbereite Liebe, Nächsten- und Feindesliebe. Eine meiner Lieblingsgeschichten über Martin Luther King Jr. illustriert dies sehr schön. King sprach 1962 auf einer Veranstaltung in Birmingham, Alabama, als Roy James, ein Mitglied der amerikanischen Nazi-Partei, 1,80m groß und 210 Pfund schwer, auf die Bühne stürmte und den schmächtigen King mit so großer Wucht ins Gesicht schlug, dass dieser taumelte. King blieb ruhig und verhinderte, dass James von anderen mit Gewalt von der Bühne gezerrt wird. Nachdem sich der Staub legte, tat King etwas Außergewöhnliches. Er schenkte Roy eine Cola ein, setzte sich zu ihm, sah ihm in die Augen und redete mit ihm. „Ich werde keine Anzeige erstatten. Ich möchte, dass du weißt, dass dir verziehen ist.“ Mit einem Eisbeutel im Gesicht kehrte King auf die Bühne zurück und beendete seinen Vortrag über Wahrheit, Gerechtigkeit und die Kraft christlicher Liebe. Eine Frau im Publikum sagte später: „Ich war so stolz auf Dr. King. Seine Beherrschtheit war kraftvoller als hundert Fäuste“ – und sie wusste, wovon sie sprach: ihr Name war Rosa Parks.
Das Kreuz Christi ist in gewissem Sinne die ultimative Umkehrung der Macht. Der Gekreuzigte hat nicht nur die Welt mit Gott versöhnt, die Vergebung der Sünden erwirkt und sein Reich aufgerichtet; im Kreuz verkehrte sich die Macht Roms in ihr Gegenteil. Üblicherweise war sie nicht nur die Vergeltung für politische Rebellion, sondern vor allem politische Propaganda und harsche Drohgebärde: Wer aufmuckt, den werden wir zertreten. Bei der Kreuzigung Jesu jedoch wurde aus der grausamen Machtdemonstration die Krönungszeremonie für den wahren König.

Lamm und Löwe – Sieger und Überwinder

Eine der eindrücklichsten Deutungen der Kreuzigung in der Bibel bietet die Offenbarung des Johannes. Da wird der Vorhang vor unseren Augen weggezogen und wir bekommen Einblick in das eigentliche Geschehen. Der Seher weint, weil niemand würdig ist, das versiegelte Buch, die Besitzurkunde der Schöpfung – aufzutun. Plötzlich hört er eine Stimme: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und seine sieben Siegel (Off 5,5). Der Löwe, Inbegriff von Macht und Stärke, hat überwunden – griechisch: „nikao“, was so viel heißt wie „besiegen“. Dann aber geschieht Unerwartetes: Johannes hört zwar die Worte über den siegreichen Löwen, erblickt aber ein geschlachtetes Lamm – die Umkehrung der Macht.

Deswegen stellte das Evangelium für Rom eine Bedrohung dar: Die Apostel predigten einen Herrn, den Rom durch die Kreuzigung erst zum König des Universums gekrönt hatte. Wenn die Christen Jesus als Herrn der Herren bekannten, sprachen sie damit dem Kaiser die höchste Autorität ab: seine Herrschaft in der irdisch-materiellen Wirklichkeit ist nur geliehen – der wahre Souverän ist Gott, und sein Sohn ist rechtmäßiger König über alle Völker. Das war der eigentliche Grund auch für den Tumult in Thessaloniki, den Paulus mit seiner Predigt auslöste (Apg 17). Die Menge verstand die Aussage, dass Jesus Christus Herr ist, politisch. Paulus hatte nicht Partei für irgendeine Seite ergriffen, sondern den Machtanspruch Roms insgesamt infrage gestellt. Auch wenn wir Christen uns als vorbildliche Bürger unter die Obrigkeit stellen, unsere Ehegatten, unsere Nächsten und Feinde lieben, nicht lügen, nicht stehlen und Rom untertan sind: unsere erste Loyalität gehört einem Anderen und wir selbst gehören einer anderen Machtsphäre an.

In einer Zeit voller Unwegsamkeiten und Umbrüche, mitten im Wahlkampf möchte ich uns als Kirche zwei wichtige Hinweise mitgeben:

1. Meinungsdifferenzen über die Politik dürfen nicht die Einheit der Kirche gefährden.

Jesus hat vor seinem Tod für die Jünger gebetet und für alle, die einst auf das Wort der Jünger hin glauben werden, also für uns alle hier: … dass sie alle eins seien; wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, so lass auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast (Joh 17,21). Wenn wir uns über Politik entzweien lassen, wird diese Verkündigung nichtig.

Meint ihr wirklich, Satan hätte seinen Favoriten unter den Kandidaten? Ich denke nicht, dass es ihn kümmert, ob bei den Wahlen X oder Y zum Führer in Babylon gekürt wird. Es geht ihm darum, Zwietracht zu säen unter den Bürgern des Königreiches, um die Gemeinde zu spalten. Glaubt ihr etwa, dass der Böse händeringend kapituliert, wenn nur der Richtige gewählt wird? Natürlich nicht: Er kann aber unermesslichen Schaden anrichten, wenn wir das Licht, das wir als königliches Priestertum und heiliges Volk in die Finsternis der Völker strahlen sollen, durch tagespolitische Kabale verdunkeln.

2. Der Ausgang der Wahl hat keinen Einfluss auf die Herrschaft und Regierung von Jesus Christus.

Selbstverständlich ist die Politik unseres Landes, sind politische Entscheidungen von Belang. Aber die Nachfolge der Kirche entscheidet sich nicht an ihnen, sondern daran, ob sie selbst als Leuchtfeuer der Wahrheit und der Güte lebt. Lasst uns in diesem Wahlkampfgetöse die Welt auf den Kopf stellen – nicht, indem wir uns von Babylons Politik entzweien lassen, sondern indem wir die gute Nachricht verkünden: König ist ein anderer –und sein Name ist nicht Cäsar, sondern Jesus.

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