Beitragsbild zum Text: Wo ich auch stehe von: Rainer Appelhagen

Wo ich auch stehe

Ich stehe an der Bushaltestelle und warte, dass der Bus endlich kommt. Noch zehn Minuten, also was tue ich? Ich suche wie wild nach meinem Smartphone und sehe, dass ich eine Nachricht bekommen habe. Es ist schnell entsperrt und ich kann direkt antworten, super. Ein paar Zeilen schreiben, senden klicken, perfekt, keine langen Wartezeiten, aber nun schaue ich permanent in den Chat, weil ich auf die Antwort warte und warte und warte. Es sind tatsächlich schon zwei Minuten vergangen und trotzdem kommt keine Antwort, schrecklich. Kennst du das auch?

Wir sind so abhängig von diesen Medien und halten es nicht mal aus, ein paar Minuten die Ruhe zu genießen. Martin Buber schreibt in seinem Buch „Der Weg des Menschen“ folgendes: „Es gibt etwas, was man an einem einzigen Ort in der Welt finden kann. Es ist ein großer Schatz, man kann ihn die Erfüllung des Daseins nennen. Und der Ort, an dem dieser Schatz zu finden ist, ist der Ort, wo man steht.“

Da, wo wir stehen, ist der Schatz der Erfüllung des Daseins – und was tun wir? Wir chatten, verschicken Selfies, schauen Videos oder hören Musik. Ich sag nicht, dass das schlecht ist, aber ich glaube, dass ein gesundes Maß an Medienkonsum uns deutlich besser täte als der Überfluss. Noch einmal Martin Buber: „Die meisten von uns gelangen nur in seltenen Augenblicken zum vollständigen Bewusstsein der Tatsache, dass wir die Erfüllung des Daseins nicht zu kosten bekommen haben, dass unser Leben am wahren erfüllten Dasein nicht teilhat, dass es gleichsam am wahren Dasein vorbei gelebt wird. Dennoch fühlen wir den Mangel immerzu. In irgendeinem Maße bemühen wir uns, irgendwo das zu finden, was uns fehlt. Irgendwo in irgendeinem Bezirk der Welt oder des Geistes, nur nicht da, wo wir stehen, da, wo wir hingestellt worden sind – gerade da und nirgendwo anders aber ist der Schatz zu finden. Die Umwelt, die ich als die natürliche empfinde, die Situation, die mir schicksalhaft zugeteilt ist, was mir Tag um Tag begegnet, was mich Tag um Tag anfordert, hier ist meine wesentliche Aufgabe und hier die Erfüllung des Daseins, die mir offen steht.“

Wäre es nicht schön, dort anzukommen, wo man ist? Das Smartphone ausschalten und einfach das Dasein genießen. Die Situation, in die ich hineingestellt wurde, annehmen und erkennen, was Gottes Wille ist. Das ist mein Wunsch, da will ich hin.

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