Vier Interviewte in Schwarz-Weiß

einfach.leben

Erfahrungen aus der Gemeinschaft

Ich mag Schubladen. Besonders so schöne, alte, die in hübschen Kommoden stecken.

Zugegebenermaßen laufen sie oft nicht so gut. Man braucht ein paar Ruckler, um sie wieder einzurenken. Manchmal zu viele, um sie tatsächlich wieder zu schließen.
Ich geb’s zu: Schubladen offen zu lassen ist eine Unart von mir. Als ich vor vielen Jahren das Haus verlassen habe, hat mein Vater die Schubladen in meinem Zimmer aufgemacht, um mich näher zu spüren. Und auch jetzt, fast 30 Jahre später, hat sich das mit dem Offenlassen noch nicht ganz durchschlagend geändert. Sagt mein Mann jedenfalls.
Zu „einfach leben“ sind mir meine Schubladen eingefallen. Ein Fach. Eine Schublade. Das wär was.
Tatsächlich habe ich auch sonst in meinem Leben meistens zu viele „Schubladen“ gleichzeitig offen. Das geht irgendwie automatisch. Schwupps geht eine auf, aber die andere war noch nicht ganz (ab)geschlossen. Irgendwann steh ich dann in einem Offenen-Schubladen-Wald und fühle mich überfordert. Und ich merke: Offen Gebliebenes zieht Energie und Kraft. Das gilt gleichermaßen für Wäscheberge, für Beziehungen, für Nicht-wieder-an-seinen-Platz-Geräumtes, für fast vollendete Arbeits-Projekte…
Ich will mich üben – auch heute wieder – im bewussten Schubladen-Schließen. Weil ich mich immer nur einem Fach ganz zuwenden kann. Weil es zu Ruhe und Klarheit beiträgt. Und weil das Leben so einfach leichter geht.
Hanna Epting

Mir reicht’s. Ich bin gleich nach meiner Ausbildung bei der OJC als Mitarbeiterin eingestiegen und geblieben.

Habe immer von einem Minigehalt auf Taschengeld­basis gelebt. Das war oft ganz schön eng. Aber ich erlebte viele größere und kleinere Wunder, bekam Urlaubsreisen, gebrauchte Möbel, Geld und überhaupt ganz vieles geschenkt. Irmela Hofmann hat uns immer wieder ermutigt, Gott zu vertrauen, denn: „Die Armen sind die immerdar Beschenkten“.
In den Jahren vor meiner Berentung bekam ich dann von der Deutschen Rentenversicherung regelmäßig eine Benachrichtigung, wie hoch – bzw. niedrig – meine Rente ausfallen würde. Lange hat mich das nicht berührt, bis es näher rückte und mir angst und bange wurde. Davon konnte man nicht leben! Das beschäftigte mich, machte mir Sorgen. Und dann spürte ich eine Aufforderung in mir, doch diesem Gott, der mich in meinem aktiven Arbeitsleben durchgebracht hat, zu vertrauen, dass es Ihm nicht schwerfallen würde, mich auch als Rentnerin weiter zu versorgen. Der Gott, dem ich in meiner Jugend vertraut hatte, dem könne ich auch im Alter vertrauen.
Inzwischen bin ich seit sieben Jahren in Rente. Und wenn man mich fragt, ob’s denn reicht, kann ich vergnügt und dankbar sagen: Ja, immer.
Cornelia Geister

Was mir beim Stichwort „einfach leben“ durch den Kopf geistert? Die nostalgische Erinnerung an Kartoffeln, Rote Beete, Äpfel und Sauerkraut im FSJ 1996.

Mir gerne etwas schenken lassen und großzügig weiterschenken. Lebensmittel retten und kreativ verarbeiten. Und vor allem nicht einkaufen müssen. Man kann so viel falsch machen beim Einkaufen. Vor allem lässt sich heute alles berechnen, und immer negativ. Der ökologische Fußabdruck ist äußerst unbarmherzig. Und bei der Vorstellung, wie viel Müll allein meine Kinder in den letzten 20 Jahren hinterlassen haben, wird mir schwindlig. Was mir hilft: Alle meine Versuche, einfacher zu leben, sind für mich im besten und tiefsten Sinne Ausdruck einer Sehnsucht. Einer Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach einer Welt, in der Jesus als König anerkannt wird. In dieser Welt darf und kann jeder Mensch einfach leben. Diese Welt ist unsere Zukunftshoffnung! Jeder kleine Schritt hat vor diesem Horizont eine Bedeutung, denn der König hat schon sein Zelt unter uns aufgeschlagen. Und er rechnet anders. Bei ihm zählt die Liebe mehr als der CO2-Ausstoß. Wesentlich sind die Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, die ich tatsächlich habe! Und so gewinnt mein gar nicht so einfaches Leben an Schönheit, Leichtigkeit und Dankbarkeit.
Daniela Mascher

Einfach leben… spricht mich an. Damit meine ich nicht den Versuch, noch einfacher zu leben.

In diesem Bereich habe ich das Gefühl, alle guten Tipps und Ratschläge schon mal gehört zu haben. Manches davon kann ich noch üben, anderes betrifft mich nicht. (Null Urlaubsflüge lassen sich nicht weiter reduzieren), und manchmal führt ein immer größeres Bemühen zu einem Kipppunkt, ab dem der Aufwand größer wird als der Nutzen.
Nein, die Betonung auf dem Wort leben ist es, das anscheinend auf eine Sehnsucht trifft. Zu oft lasse ich die Sachzwänge des Alltags mein Leben gestalten. Ich möchte lernen, öfter einfach zu leben, so wie es mir entspricht und mir und meinen Nächsten guttut. Und dann verzichte ich z. B. nicht auf das Auto, sondern nutze es, bevor ein Treffen mit Familie oder Freunden wegen fehlender Bahnverbindungen nicht stattfindet.
Martin Richter

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