Frisch gebacken. Unser Ja zur OJC-Kommunität

Frisch gebacken

Unser Ja zur OJC-Kommunität

Meike und Martin Richter im Gespräch mit Gerlind Ammon-Schad

Gerlind: Martin und Meike, am 20. September haben wir eure Aufnahme in die OJC-Kommunität gefeiert. Stellt euch doch mal unseren Lesern vor.

Martin: Wir kommen beide aus Hessen, im weitesten Sinne aus dem Rhein-Main-Gebiet. Zuletzt haben wir in Darmstadt gewohnt und sind dort auch in die FEG gegangen. Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und danach zwölf Jahre bei einem Zahlungsdienstleister gearbeitet, also in der Finanzbranche, und war dort im Controlling und als IT-Prüfer in der internen Revision.

Meike: Ich habe Architektur studiert, ein Jahr davon in der Bretagne. Zu uns gehören noch unsere beiden Kinder. Sie sind 18 und 15 Jahre alt und gehen hier zur Schule. Wir bringen außerdem die Erfahrungen eines Lebens außerhalb von Kommunität mit. Wir hatten einen Familienalltag mit Berufsleben, Gemeindeengagement, zwei kleinen Kindern und allem, was an Herausforderungen dazu gehört.

Aus diesem Leben und einer Stadt wie Darmstadt hierher aufs Land zu ziehen bedeutet auch viel Vertrautes und Sicheres loszulassen und Abstand zu den bisherigen Freunden in Kauf zu nehmen. Das ist in sich ein mutiger Schritt. Was hat euch dazu bewogen?

Meike: Wir hatten schon länger den Wunsch, als Familie in einen gewissen Rahmen von Gemeinschaft eingebunden zu sein. Damals haben wir uns auch Wohnprojekte angeschaut. Gemeinschaftliches Leben reizte uns. An der OJC fanden wir spannend, diese Trennung und das Nebeneinander von Arbeit, Gemeinde und Familienleben auflösen zu können und zu verbinden.
Die OJC hatten wir durch unsere Freunde Carolin und Daniel Schneider kennengelernt. Ich habe an Tanzseminaren teilgenommen, Martin war bei Männer- und Bierbrau-Seminaren. Es gab also schon Beziehungen und eine Annäherung. Außer dieser Sehnsucht nach gemeinsamem Leben wollten wir auch, dass unser Leben in etwas Größeres eingebunden ist.
Ich wollte nicht am Ende meines Lebens sagen, ich hätte mich nicht getraut. Es gab eine sehr offene Tür bei der OJC und da war auch noch die Hoffnung für uns beide, persönlich zu wachsen. Die hat da auch mitgespielt.

Martin: Das war zwar ein Sprung von Darmstadt hierher. Trotzdem hat sich der Aufbruch schon eine Weile angedeutet. Und dabei hatten wir eine Mitarbeit in der OJC auch als Möglichkeit im Blick, auch wenn das lange nicht so richtig ernst gemeint war. Durch eine Veränderung in unserer Wohnsituation wurde es dann ziemlich schnell konkret.
Für mich war aber auch klar, dass eine Mitarbeit aufgrund meiner Ausbildung und Berufserfahrung etwas mit Informatik oder Finanzen zu tun haben musste. In die theologischen oder pädagogischen Bereiche würde ich einfach nicht reinpassen. Als es gleichzeitig in der Verwaltung der OJC Bedarf gab und für uns dieser Wohnungswechsel anstand, haben wir den Schritt gewagt.
Bei meiner Arbeit in der OJC zeigt sich, dass ich die Auswirkungen meines Tuns viel direkter spüre, als das vorher der Fall war. So können wir am gemeinsamen Auftrag mitwirken.

Es berührt mich sehr, wie Gott diesen Schritt vorbereitet hat. Eure Sehnsucht und unsere Lücke haben wunderbar zusammengepasst! Und dann seid ihr in der OJC-Realität angekommen. Ihr musstet euch fragen, ob dieses Leben dem entspricht, was ihr euch vorgestellt hattet. Was waren die Knackpunkte? Wo musstet ihr nachjustieren?

Martin: Eine Herausforderung, die immer wieder auftaucht oder aufgetaucht ist in den letzten Jahren, ergibt sich aus dem Zusammenleben in einem Haus mit 11 Parteien aller Altersstufen. Lapidar gesagt: Es sind eigentlich nur die Anderen (lacht).
Konflikte und Konfliktthemen bleiben nicht aus. Allerdings haben wir hier auch gemerkt, dass man diese Konflikte ansprechen kann und Lösungen findet. Und dass man einander grundsätzlich gut ist. Es braucht manchmal eine gewisse Wegstrecke, um da hinzukommen. Und die ist dann schon auch beschwerlich.

Meike, wie erlebst du das?

Meike: Ich habe bald gemerkt, dass das Leben hier sehr dicht ist, das hatte ich so nicht erwartet. Ich bin immer noch ich mit meinen Grenzen und muss lernen, auch hier gut mit ihnen umzugehen. Das passiert nicht automatisch, nur weil sich die äußeren Umstände durch den anderen Lebensstil geändert haben.
Außerdem brauchen alle in unserer Familie Rückzugsmöglichkeiten - und das ist schwierig mit den vielen Gemeinschaftselementen und in einer eher engen Wohnung.

Und die Gemeinschaft nimmt es einem nicht ab, für sich selbst zu sorgen.

Meike: Das hat dazu geführt, dass ich mich selbst noch besser kennengelernt habe. Und das führt dann in ein persönliches Wachsen.

Wachsen und Reifen sind gute Stichworte, Meike. Du bist ja eine begeisterte Bäckerin und bietest mit Konstantin Mascher in der OJC Brotbackseminare mit Tiefgang an. So wie Sauerteig Ruhezeiten braucht, damit er bekömmlich wird, brauchen auch wir solche Zeiten, damit wir genießbar werden. Brotbacken steckt voll solcher Metaphern. Was spricht dich dabei besonders an?

Meike: Ich liebe die unterschiedlichen Phasen der Zubereitung: Rezept suchen, Teig kneten, Ruhen, Falten und Dehnen, wieder Ruhen – und dann das Backen. Richtig faszinierend finde ich die Ruhezeiten, in denen das Wesentliche passiert: der Teig reift. Er wird verträglich. Das bringt mich zu der Frage: Was lässt mich reifen? Was macht mein Leben bekömmlich? Bei mir ist es bestimmt nicht die ständige Aktion, da werde ich eher unbekömmlich für meine Mitmenschen (grinst). Für mich wichtig sind auch gerade die Zeiten, in denen ich mich Gott hinhalte.

Findest du im Trubel des Alltags und der Dichte des gemeinsamen Lebens überhaupt Ruhezeiten?

Meike: Ruhezeiten sind für mich immer Entspannungszeiten, die mir guttun und die ich bewusst einplanen muss. Ruhezeiten müssen wie Rituale sein. Meine Zeit morgens mit Gott, in der ich einfach da bin vor ihm, mich von ihm anschauen lasse - das lässt mich tatsächlich wachsen und reifen. Genauso mein Pausen-Ritual nachmittags, alleine mit Kaffee und manchmal auch mit einem Kapitel aus einem guten Buch. Interessanterweise entspannt mich aber auch Bewegung, Sport, Tanzen, draußen in der Natur sein, Dinge mit den Händen erschaffen, alles, was mich rausnimmt aus dem Alltag. Hört sich das wie ein Widerspruch an?

Nein, das passt gut. Für mich ist das zum Beispiel Ruhezeit, wenn ich am Mittag an der Nähmaschine sitzen kann. Martin, dein Einstieg hat unsere Buchhaltung gerettet. Du hast die Abläufe so umgestaltet, dass sogar zeitliche Freiräume entstanden sind. Und durch deine guten Fragen zur rechten Zeit bist du ein wertvoller Impulsgeber. Du verstehst die Hintergründe und kannst komplexe Sachverhalte strukturieren. Welche Fragen möchtest du mit uns in den nächsten Jahren klären?

Martin: Ich freue mich immer darüber, wenn ich Menschen finde, die Spaß daran haben, mit mir gemeinsam weiterzudenken. Wie könnte man die Verwaltungsprozesse noch weiter vereinfachen, wie diesen Bereich technisch und inhaltlich voranbringen? Damit bin ich weiter unterwegs. Die Buchhaltung und die Verwaltung sind zwar im Hintergrund, aber zentral für den Auftrag der OJC - das sollte möglichst effizient ablaufen.
Mir hilft es auch, wenn ich weiß, wo die OJC und die einzelnen Arbeitsbereiche hinwollen. Deshalb frage ich gerne nach Vision und Zielformulierungen, auch über die Buchhaltung hinaus. Zielbilder erzeugen Zugkraft und Motivation. Für meinen Arbeitsbereich entstand schon vor drei Jahren spontan ein Bild. Dieses Bild motiviert mich bis heute und tut mir gut.

Die OJC nutzt gerne das Bild vom dreischaligen Brunnen, wo sich jede Schale aus der über ihr Liegenden speist. Die oberste Schale der persönlichen Gottesbegegnung, die zweite Schale der Gemeinschaft, in der Reibung, Korrektur, aber auch Freude und Synergie zusammenfließen. Die dritte Schale ist die des gesellschaftlichen Engagements. Welche Schale ist denn für dich, Martin, die herausforderndste?

Martin: Generell gefällt mir das Bild vom dreischaligen Brunnen sehr gut. Ich merke, dass jede Schale ihre Herausforderungen hat. Die Zeit der persönlichen Stille muss ich mir immer wieder erkämpfen. Das passiert nicht einfach so, sie wird sehr schnell vom Alltag und den Anforderungen der Familie überlagert. Ich muss sie einplanen und mich dann auch an den Plan halten.

In unserem aktuellen Heft geht es um Liturgie und die Auswirkungen eines spirituellen Rhythmus auf unser Leben. Mit eurem Eintritt bejaht ihr auch diesen besonderen Lebensstil, den wir Liturgie des Alltags nennen. Welchen Schatz habt ihr darin entdeckt?

Meike: Mein Schatz außer der Stille ist das Abendmahl: Jesus ist der Gastgeber und wir sind die Gäste. Es gibt viele Elemente in der Abendmahlsfeier, die mich ansprechen, aber das ist für mich zentral. Der Tisch des Herrn, wir die Eingeladenen. Darüber sprechen wir auch im lebensBROT-Seminar. Jesus sitzt mit uns am Tisch, damit verbindet sich das Heilige mit dem Alltäglichen. Wir schmecken und sehen, alle Sinne sind beteiligt – das entspricht mir.

Martin: Mir tut es gut, dass die Elemente der Liturgie des Alltags einfach da sind. Sie haben hier einen festen Platz und ich kann mich dort hineinfinden. Wenn ich was herausheben sollte, dann wäre das auch für mich der Abendmahlsgottesdienst am Freitagmorgen. Es kostet zwar jedes Mal wieder Überwindung, um sieben Uhr morgens in der Schlosskapelle zu sein, aber trotzdem erinnert mich das Abendmahl jedes Mal daran, wer eigentlich unsere Mitte ist.

Meike: Was mir dazu auch noch wichtig ist: in der Grammatik unter Zeiten und Rhythmen steht: „Feste sind Hoch-Zeiten des Lebens – wir feiern sie gerne.“ Da geht es um die Feste des Kirchenjahres, aber auch um alle anderen Feste. Wir geben uns Mühe, verwenden viel Zeit und Vorbereitung für die Deko, das Essen, die Beiträge usw., dadurch bekommen Feste und damit auch die Anlässe eine Wichtigkeit und werden geehrt.
Vor unserem Schritt zur OJC habe ich im OJC-Leitbild den Satz gefunden: „Feiern, Schönheit und Freude gehören für uns zusammen.“ Und ich dachte: „Wow, eine Gemeinschaft, bei der ausdrücklich Schönheit ein Teil der Lebenskultur ist!“ Das hat mich beeindruckt und hatte etwas Besonderes. So habe ich es auch bei unserer Eintrittsfeier erlebt und dadurch unglaublich viel Wertschätzung erfahren.

So soll es sein, es darf Zeit, es darf Energie, es darf auch Geld kosten. Das ist Großzügigkeit. Und diese Großzügigkeit ist eine Eigenschaft Gottes, die wir schon in der Schöpfung sehen.
Martin und Meike, danke für das Gespräch. Das ist nur ein Doppelpunkt – wir werden ja weiterreden bis ans Lebensende. Das ist das Schöne, dass unser Miteinander eigentlich erst begonnen hat. Euer Eintritt beflügelt uns und wir schauen echt gespannt um die Ecke, was alles mit euch wachsen, reifen und gedeihen wird in unserer Gemeinschaft. Wie schön, dass ihr da seid!

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