Bilderrahmen, Schneebesen, Uhr, Petersilie, Kühlschrank

Goldkörner im Alltag

Austausch

Ich liebe den Schulterschluss mit meinen Gefährten. Speziell mit den Menschen, mit denen ich tagtäglich umgeben und als OJC-Einheit unterwegs bin. Dabei geht’s mir weniger um den Austausch gemeinsamer Ziele, Projekte und Visionen, sondern darum, dass wir uns als Menschen einander zeigen und füreinander beten. Wie wichtig mir der wöchentliche Austausch ist, wird mir immer dann bewusst, wenn er ausfällt. Er ist sowas wie der verlängerte Arm der persönlichen Stillen Zeit am Morgen. Hier ist der Ort, an dem ich in einem geschützten und vertraulichen Rahmen die Dinge aus meinen Begegnungen mit Gott und mit mir selbst in der Gegenwart meiner Gefährten aussprechen kann. So erfahren meine Gedanken und Einsichten – mehr oder weniger ausgegoren 😊 – aus der Stille mehr Gehalt. In unserer Grammatik steht: Wenn wir einander aufrichtig in Gottes Gegenwart begegnen, wächst die Wahrhaftigkeit in uns und zwischen uns. Ein Mentor meinte einst zu mir, dass es nicht einen speziellen Raum, Situation oder Lebenskonstellation braucht, um Gott zu erfahren! Gott möchte sich in deiner aktuellen Lebensrealität offenbaren! Im Austausch darf ich von diesen Gottesbegegnungen erzählen. Das tut nicht nur mir gut, denn hier entsteht ein geistlicher Schulterschluss mit meinen Gefährten.
Simon Heymann

Abendmahl

Ich gehe nicht gerne sonntags in den Gottesdienst. Die guten Argumente, die dafür sprechen, kenne ich alle, aber Zeit mit meiner Familie und auch für mich ist mir meistens kostbarer. Ich tue mich schwer damit, ausführlich Stille zu halten. Meine Finger und Füße sehnen sich so sehr nach dem Vielen, das sie tun sollen und wollen, dass es mir selten gelingt, sie im Zaum zu halten. Freitags um 7 Uhr morgens feiern wir in der Schlosskapelle Abendmahl. Nachdem mein Sohn alt genug war, dass ich um die Zeit das Haus verlassen konnte, hatte ich mir vorgenommen, ab und zu mal da hochzugehen. Das klappte auch nicht. Jetzt zieht es mich unweigerlich hin, jede Woche, so ich in Reichelsheim bin. Was zieht mich so? Die Lieder. Ich mag die schlichten Melodien, die wir dort singen, und nirgendwo klingen sie so schön wie unter diesem Gewölbe. Die Sätze, die mir zugesprochen werden, wie: Im Abendmahl empfangen wir, was wir sind: Leib Christi. Und wir werden, was wir empfangen: Leib Christi. Die Gemeinschaft. Wir stehen im Kreis um den Altar und reichen uns gegenseitig Brot und Wein. Jeder gibt und jeder empfängt. Das Frühstück im Anschluss. Und dann fröhlich in den Alltag.
Birte Undeutsch

Mittagsgebet

Während der Jahresmannschaft fühlten sich meine Aufgaben zum ersten Mal wirklich nützlich an. Dementsprechend war das Innehalten beim Mittagsgebet für mich eher ein störender Faktor, etwas, für das ich mich aus meinem Workflow herausreißen musste. Oft kam ich unentspannt und knapp in der REZ-Kapelle an. Wie bei vielen Elementen der
Liturgie des Alltags dauerte es auch bei diesem lange, bis ich es wirklich schätzen konnte. Verstanden, was die Verpflichtung zum Mittagsgebet mir nützen kann, habe ich schließlich an dem Teil, in dem es heißt: „Wir gehören nicht der Arbeit, nicht den Menschen und nicht uns selbst.“ Die Ablenkung von meinem Schaffen ist kein unangenehmer Nebeneffekt, sondern der eigentliche Sinn des Mittagsgebetes. Alle Gründe
für unser Tun, ob um der Arbeit, der Menschen oder um meiner selbst willen, werden einmal am Tag ganz bewusst abgelegt. Mit jedem Mal, das ich diese Zeilen gesprochen habe, wurde für mich deutlicher, was der Kern dessen ist, was durch das Mittagsgebet ausgedrückt werden soll:
„Wir gehören dir. Unsere Zeit steht in deinen Händen.“
Silas Wolfsberger

Complet

Als wir uns vor kurzem nach über 40 Jahren als OJC-Ehemalige trafen, war eine der vielen Fragen bei mir auch diese: Was bleibt neben sehr individuellen Erfahrungen noch von der intensiven Zeit in der Mannschaft damals? Interessanterweise war bei Einigen – so auch bei mir – die Erinnerung an den gemeinsamen Tagesabschluss durch das Singen der Complet eines der Rituale, an das wir uns gerne erinnerten. Warum eigentlich? Waren es die gregorianisch anmutenden Melodien und Klänge, die mich verbanden mit einer Tradition von 2.000 Jahre Kirchengeschichte? Oder einfach das Erleben von gemeinsamem Singen am Abend, mit vorgegebenen, vertrauten Texten, in die man sich nach den vielen Auseinandersetzungen, Gedanken und Problemen des Tages einfach hineinfallen lassen und versenken konnte? Etwas, für das ich, müde nach dem anstrengenden Alltag und auch verführt von Fernsehen und Smartphone, mir heute nicht mehr die Zeit nehme? Vielleicht ein Mix von beidem? Wie dem auch sei: ein kostbares Kleinod in der Erinnerung an diese Zeit bleibt es in jedem Fall.
Carsten Otrempa

Sederfeier

Rhythmus tut mir gut: der Tagesrhythmus, der Rhythmus einer Woche und auch der Jahresrhythmus. Hier bin ich besonders dankbar für das Feiern des Kirchenjahres. Es hilft mir, die einzelnen Aspekte der Heilsgeschichte zu verstehen und zu erleben.
Wenn ich am Gründonnerstag den Sederabend mitfeiern darf, geht dieser Tag nicht als Arbeitstag mit Abendgottesdienst unter, sondern wird zu einem Festtag! Zusammen mit unseren Freunden in und um die OJC feiern wir unseren Gott: wie er ist, wie er handelte und was er uns geschenkt hat. Wir feiern mit Groß und Klein, mit Spiel, Tanz und Liedern und mit besonderem Essen. Vor allem feiern wir gemeinsam – da kommt Freude auf!
Ich erlebe mich verbunden mit den andern im Saal und in der Geschichte des Gottesvolkes, mit Jesus und seinen Jüngern. Dieses Erleben macht mich glücklich und nährt meine Seele. Mit diesem Vorgeschmack auf die Ewigkeit gehe ich gestärkt weiter in diesem Leben, in dem es neben Freude auch viel Leid zu leben bzw. mitzuerleben gilt.
Anne Güngerich

Sonntagsbegrüßung

Unser neuer Kühlschrank wurde geliefert. In der Gebrauchsanweisung lesen wir, dass das Gerät über einen Sabbat-Modus verfügt! Es ist uns sofort sympathisch. In den Sabbat-Modus schalten: Unwillkürlich dachten wir an die Sonntagsbegrüßungsfeiern, die wir in der Gemeinschaft mitgestaltet haben.
Am Samstagabend schon auf Sonntag schalten, mit Schminke, Schmuck und schönen Kleidern, einem leckeren Essen und vor allem mit fröhlicher Gemeinschaft.
Nicht nur in großer Runde, sondern auch am Familientisch haben wir Sonntagsbegrüßungen in den letzten Jahren gefeiert. Dieser Schatz der Gemeinschaft prägt heute unsere Zweierschaft: Am Samstagabend beenden wir bewusst die Arbeit, bereiten uns ein nettes Abendessen, zünden eine Kerze an, schenken uns gelegentlich ein Gläschen Wein ein, schauen uns in die Augen, stoßen an und sagen: L’Chaim – auf das Leben, Schabbat Schalom – Ruhe und Frieden. Diese wenigen Worte drücken aus, wofür wir dankbar sind und wonach wir uns ausstrecken in unserer Beziehung zu Gott und zueinander.
Christa und Günter Belz

Stille

Stille nährt, Lärm verzehrt.
– Friso Melzer

Ich kann jeden Morgen so lange wie möglich schlafen, dann schnell eine Tasse Kaffee und ein Brot greifen und anschließend in meinen Tag stürzen.
Oder ich nehme mir eine Zeit der Besinnung, in der ich dem nachspüre, was mich innerlich umtreibt, was mich freut, wofür ich dankbar bin oder auch, was mich sorgt und ängstigt.
Meine Gefühle in Ausdruck und Sprache zu fassen ist eine große Herausforderung für mich. Doch dann sehe ich klarer. Es fällt mir leichter, den Tag zu gestalten, Projekte zu priorisieren, meinem Tun eine Richtung zu geben. Mich innerlich zu sammeln und auszurichten tut mir gut.
Ein biblisches Wort gehört dazu, Tageslosung oder Tageslese. Denn das weist immer über mich hinaus, lässt an Andere oder an Größeres denken. So kommt Neues in meine Gedanken und mein Fühlen hinein. Von Gottes Wort her erlebe ich Ermutigung, aber auch Korrektur.
Das ist meine Chance, jeden Morgen neu, Orientierung und Führung zu erleben.
Frank Dangmann

Tag der Offensive

Der Tag der Offensive (TdO) ist für mich ein Festtag! Dazu gehört das mich Hinfreuen, die Vorbereitung, ein wenig gespannte Aufregung und die Erwartung von kleinen und großen Geschenken. Manche davon erwartet, erhofft und gewünscht, andere unerwartet und alle tragen deutlich erkennbar Gottes Handschrift.
Daran erlebe ich: Er weiß, was ich jetzt gerade brauche als Stärkung und Ermutigung.
Ich schätze besonders die Verbindung aus Vertrautem und Neuem. Zum Vertrauten gehört der Hefezopf zu Beginn, bekannte Gesichter, Gemeinschaft im Großen, kurze und manchmal dennoch tiefe Begegnungen mit alten und noch gegenwärtigen Weggefährten. Und das gemeinsame Singen mit der ganz eigenen Liedermischung der OJC. Alte Kirchenlieder, die Freude am Feiern und Entschlossenheit bei Gegenwind vereinen, und neue Lobpreislieder, die über Konfessionsgrenzen hinweg gerne gesungen werden. In der großen, bunten Gemeinschaft Lebenszeugnisse zu hören von OJC-Urgesteinen und neuen und alten Freunden und festzustellen: der Klang dieser Stimme, nein, dieser, Seiner Stimme ist mir vertraut. So ist der TdO für mich immer wieder aufs Neue ein Impulsgeber in meinem (Glaubens-)leben; konzentriert und nachhaltig wirksam.
Esther Krämer

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