Schmecket und sehet!
Freitagmittag. Wir machen uns auf nach Reichelsheim, irgendwo ins Nirgendwo des Odenwaldes. Wenn die Luft raus ist, ist das ein gutes Ziel. Man landet dort weit ab vom Schuss, äußere Reize reduzieren sich in der ländlichen Idylle automatisch, eine Pausentaste in Abgrenzung zum quirligen Alltag.
Wenn die Luft raus ist, ist es eine tolle Erfahrung, im Tannenhof herzlich erwartet und begrüßt zu werden und so früh da zu sein, dass noch Zeit für ein kurzes Schläfchen ist, bevor es losgeht, das Wochenendseminar „LebensBROT“.
Wenn die Luft raus ist… wir können beim Backen lernen, wie es gelingt, dass die Luft im Teig drinbleibt und wie wichtig das für ein gutes Backergebnis ist. Wir lernen an unserem Wochenende in Gemeinschaft einer wunderbaren Gruppe von Teilnehmenden und sachkundiger Anleitung noch viel mehr übers Brotbacken und wie diese Erfahrungen aufs geistliche Leben transferiert werden können.
Reicht es eigentlich?
Mit dieser Frage startet das Wochenendprogramm. Reichen die Zutaten, die ich fürs Backen zurechtgelegt habe?
Reicht es eigentlich? Das fragen sich auch die Jünger Jesu vor der Speisung der 5000. Reicht es eigentlich? Reicht das Wochenende, um auszuruhen vom Alltag und um aufzutanken?
Am Sonntag kann ich im Rückspiegel erkennen, wie reichlich wir beschenkt und Körper, Seele und Geist genährt wurden. Aber zurück zum Anfang:
Mit Impulsen aus der OJC Grammatik, praktischen Back-Erfahrungen, biblischem Input und wertvollem Austausch in der Gruppe verschwindet die Frage nach dem „Reicht es eigentlich…?“ schnell in der Versenkung, und wir genießen ein Wochenende des Überflusses in jeglicher Hinsicht.
Im Alltag ist es oft anders. Wie beantworte ich im Alltag mein Fragen nach dem „Reicht es?“, bevor die Angst meine Gedanken in Beschlag nimmt?
Ich werde versuchen, in meinem Alltag das Erlebte des Wochenendes anzuwenden, mich Jesus an die Fersen zu heften, ihm zu folgen und mir sein Handeln durch die OJC-Grammatik in mein Leben übersetzen zu lassen.
Kontemplation
Vor der Speisung der 5000 steigt Jesus auf einen Berg. Bevor die nächste Aufgabe auf ihn einwirkt, sucht er die Begegnung mit seinem Vater und überlässt sich ganz ihm. Gottes liebevolle Gegenwart bringt auch Ruhe in mein Leben.
Beim Backen neige ich dazu, den Vorgaben von Rezepten nicht allzu viel Beachtung zu schenken. Irgendwie fühle ich mich durch so ein Rezept schnell gegängelt. Dieses Wochenende erfahre ich, dass sich in einem Backbuch so mancher gute Rat findet und Fotos toller Backergebnisse mich inspirieren. Genau das ist es. Sich Gottes Gegenwart in der Stille auszusetzen, führt zu Rat und Inspiration für kommende Aufgaben.
Konspiration
Die Geschichte von der Speisung geht weiter. Die Jünger beratschlagen ihre Vorgehensweise und prüfen die Optionen.
Keinen Alleingang machen, sich bereichern, ergänzen, unterstützen lassen durch die Gemeinschaft. Den gemeinsamen Diskurs nicht als Umweg verstehen.
Hier kann der Brotteig als Vorbild herhalten. Die einzelnen Zutaten für sich – Mehl, Salz, Wasser– werden nur durch die Verbindung miteinander zu einem guten Teig. Aus der Gemeinschaft kann viel mehr entstehen als aus dem Alleingang. Christliche Nachfolge ist auf Gemeinschaft angelegt und durch sie geprägt.
Aktion
Jetzt wird es kniffelig für den Macher und Aktionisten in mir. Ich muss mich erst mal damit auseinandersetzen, dass die Aktion erst an dritter Stelle kommt.
Die Jünger werden nun das Brot an die 5000 verteilen. Endlich ist auch meine Tatkraft, Motivation und Kreativität gefragt, um beim Backen zu tun, was zu tun ist. Jetzt kann ich meine Gaben voll zum Einsatz bringen. An unserem Wochenende erleben wir, wie elf sich gestern noch so fremde Menschen bei der Arbeit in der Küche ganz geschmeidig jeder seinen Platz und seine Aufgabe finden.
Keine Zutat wird ein Brot, nur weil ich übers Backen nachdenke. Ich muss aktiv werden. Ich begreife zunehmend, dass Kontemplation und Konspiration Aktionismus verhindern und meine Aktion in sinnstiftende Bahnen lenken.
Rekreation
An unserem Backwochenende habe ich mich das ein oder andere Mal dabei ertappt, nach dem ruhenden Teig zu sehen und ihm einfach beim Ruhen zuzusehen. Vielleicht ist das meine schwierigste Lektion. Das Bild vom ruhenden Teig hat sich mir eingeprägt. Zu Hause beim Backen ertappe ich mich jedoch immer noch bei der Frage, ob man die Zeit des Ruhens nicht einfach und schadlos abkürzen kann.
Kann man nicht! Beim Backen nicht und im Leben nicht!
Wer bin ich, wenn ich nicht arbeite? Wer bin ich, wenn ich nicht gestresst bin? Fragen, die man sich gefallen lassen muss, die es aber wert sind, um Abstand zum Erlebten zu bekommen, aufzutanken, Gott zu danken.
Der Teig entspannt sich, wenn ich ihn ruhen lasse. So kann ich ihn später besser in Form bringen.
Jesus zieht sich nach der Aktion zurück auf einen Berg. Ich entscheide mich aufs Neue, auch in diesem Schritt Jesus nachzufolgen und staune schmunzelnd, was ich von einem Brotteig alles lernen kann.