Es reicht für alle

Wenn du gibst, was du hast und bist

Kulinarisch aufgewachsen bin ich im Gemüsegarten. Meine Eltern hatten Landwirtschaft und so gab es immer das jahreszeitlich passende Gemüse bzw. das, was eingekocht worden war. Von einer Gefriertruhe träumten wir als Kinder noch. Höhepunkte waren die Erntezeiten und Schlachtfeste.
Als ich mit 25 Jahren als ausgebildete Hauswirtschaftsleiterin zur OJC kam, hatte ich schon Erfahrung in der Großküche eines Freizeitheimes gesammelt, das war sehr hilfreich. Denn der Tagungsbetrieb im Schloss wurde ja erst aufgebaut, am Anfang gab es noch kein System, keine Pläne, aber viel Idealismus. Es war eine Herausforderung, das mit meinem organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Wissen und Können entwickeln zu dürfen. Und manche Pläne musste ich aufgeben, da wir hauptsächlich von dem lebten, was wir geschenkt bekamen.

Viel Idealismus, wenig Fleisch

Für die Tagungen wurden zwar Lebensmittel gekauft, doch auch immer das Geschenkte mit integriert. Jahrzehntelang gab es genügend Kartoffeln, weil eine Familie einen eigenen Kartoffelacker für die OJC angebaut hat. Danke! Und immer wieder sehr viel frisches Gemüse aus einer Gärtnerei! Danke! Bis heute dürfen wir bei einem Bäcker vor Ort abends übrig gebliebene Backwaren abholen. Danke! Milch und Bioweizen konnten wir direkt beim Bauern kaufen. Es ist unglaublich, wie viel man mit diesen Zutaten machen kann, vom Frischkornmüsli bis zu Weizenfrikadellen. Der Höhepunkt waren jedes Jahr die Erntedankaltäre, die Gemeinden für die OJC spendeten. Welche Vielfalt! Im Herbst kam auch meistens eine große Spende Spitzkohl, den wir zu Sauerkraut verarbeitet haben, das war immer eine der ersten Aktionen mit dem neuen Jahresteam. Und den gab es dann in den Wintermonaten zwei bis dreimal wöchentlich in allen nur denkbaren Varianten. Kaffee gab es nur sonntags und auch nur, wenn eine Spende da war. Viele Ehemalige haben Carepakete geschickt, sie wussten ja, was am meisten vermisst wurde, von Nutella bis Dosenwurst.
Ich habe nie erlebt, dass es nichts gab, auch nicht, wenn ein Einkaufsstopp veranlasst worden war, weil kein Geld mehr in der Kasse war. Es gab vielleicht nicht immer das, was jeder gerne gegessen hätte, und ich bin nicht immer gut weg gekommen mit all den fantasievollen fleischlosen Gerichten. Die Fleischliebhaber kamen oft zu kurz und auch heute werde ich ab und zu gefragt, aus was denn dieses Gericht bestünde. Würzen ist entscheidend, da schmecken Kartoffeln und Kraut auch dreimal die Woche.

Große Kreativität, großer Dank

Inzwischen hat sich vieles verändert in der OJC. Die Kommunität hat sich gegründet und ist gewachsen. Aus Großfamilien wurden Lebensgruppen und Wohngemeinschaften. Heute koche ich nur noch für Großveranstaltungen, Tagungen und Feste. Immer noch integrieren wir, was wir geschenkt bekommen, und sehr oft kommt genau das, was wir brauchen. Das macht die Arbeit spannend und begeistert mich.
Mir ist ein verantwortlicher Umgang mit allen Spenden wichtig, denn alles, was ich kaufe, wird von Spendengeldern bezahlt. So ändere ich auch spontan den Menüplan, wenn wir kurz vorher mit einer Ladung von den örtlichen Supermärkten bereichert werden. Das erfordert eine hohe Flexibilität, macht mich aber dankbar und lehrt mich staunen. Für eine Begegnung wurden die Eier sehr viel schneller verbraucht als vorgesehen. Und siehe da, als ich abends in unserem Supermarkt nachfragte, ob etwas weggeschmissen werden würde, waren auch hundert Eier dabei. Oft bekommen wir leicht angegammeltes Obst und Gemüse. Das braucht Zeit zum Sortieren, Ausschneiden etc., doch es bleibt genug für ein erstklassiges Frühstücksbüfett oder eine Sonntagsbegrüßung. Das ist meine kreative Art, ein Bild zu malen. Das Geschenkte gestaltet sich unter meinen Händen und ergibt ein wohlschmeckendes Bild. Ich selber fühle mich dadurch beschenkt und danke Gott für alles, was gelingt.
Ein Gebet von Teresa von Avila beschäftigt mich immer wieder. Darin heißt es:

Herr der Töpfe und Pfannen, ich habe keine Zeit, eine Heilige zu sein und dir zum Wohlgefallen in der Nacht zu wachen, auch kann ich nicht meditieren in der Morgendämmerung und im stürmischen Horizont.
Mache mich zu einer Heiligen, indem ich Mahlzeiten zubereite und Teller wasche. Nimm an meine rauen Hände, weil sie für dich rau geworden sind. Kannst du meinen Spüllappen als einen Geigenbogen gelten lassen, der himmlische Harmonien hervorbringt auf einer Pfanne?
Herr der Töpfe und Pfannen, bitte,
darf ich dir anstatt gewonnener Seelen die Ermüdung anbieten, die mich ankommt beim Anblick von angebrannten Gemüsetöpfen? Erinnere mich an alles, was ich leicht vergesse, nicht nur um Treppen zu sparen, sondern dass mein vollendet gedeckter Tisch ein Gebet werde.

Es gibt Momente, da komme ich mir vor wie Aschenputtel. Alle genießen das Essen und ich schwitze und stinke nach Fett. Zum Beten bleibt auch keine Zeit mehr. Vor 12 Uhr ist die stressigste Zeit in der Küche, da kann ich nicht zum Mittagsgebet gehen. Da ist mein Kopf voll mit dem, was gerade zu tun ist. Dann wird einmal durchgeatmet und das Spülen oder Putzen beginnt.
Ich finde es nie selbstverständlich, dass eine Tagung von der Versorgungsseite her gelingt, dass nicht nur alle satt werden, sondern dass sie durch die Vielfalt gestärkt und die Schönheit angerührt werden. Das ist mein Wunsch. Mich bewegt das Gleichnis von der Brotvermehrung, nicht nur, weil es gereicht hat, sondern weil die Jünger das eingebracht haben, was sie hatten. Und das hat gereicht. Jesus hat es vermehrt. Das ist ein Leitsatz für meine Arbeit, ich bringe ein, was ich habe, und mit Gottes Hilfe wird es gut. Das heißt nicht, dass alles immer gelingt, aber es wird reichen oder sogar mehr als das. Die paar Fische und das bisschen Brot haben gereicht für Tausende, obwohl es lächerlich schien. So frage ich mich, was habe ich in meinen Händen nicht nur an Lebensmitteln, sondern auch an Gaben, die ich einsetzen kann? Das wird reichen, es wird vermehrt und in meinem Fall verzehrt.

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