Was soll nur aus mir werden?! FSJ in der OJC. Bild von Serena Blecke.

Was soll nur aus mir werden?!

FSJ in der OJC

Nach dem Schulabschluss brauchte ich Abstand, Zeit, um mich in Deutschland zu orientieren und zu entscheiden, wie es mit mir weitergehen sollte. Eigentlich machte ich mir keine großen Hoffnungen, Antworten auf meine vielen unausgesprochenen Fragen zu bekommen. Sie waren tief in meinem Rucksack vergraben, dort, wo ich sie in den letzten Jahren immer wieder hingepackt hatte.

Ich bin als Missionarskind im westafrikanischen Mali geboren und aufgewachsen. Das Land und die Menschen dort waren meine Heimat, mein Zuhause. Im Alter von 15 Jahren musste ich ziemlich plötzlich alles verlassen, ganz ohne Abschied. Im Nachbarland Burkina Faso, wo meine Familie anschließend gelandet war, habe ich mich nicht so wirklich eingelebt. Auch dort erlebte ich einen Volksaufstand. So kam ich recht benommen vom Erlebten nach Reichelsheim zur Offensive Junger Christen.
Mein Glaube hing an der Erinnerung an meine Taufe, und vielleicht stellte ich meinen Glauben mit diesem FSJ auf die Probe. Ich wollte wissen und erleben, dass ich Gott vertrauen kann. Dass er ein Gott ist, der einen Plan für mich hat und nichts übersieht. Ja, ich wollte einfach wissen, ob wirklich stimmt, was ich seit meiner Kindheit über Gott gehört und gelesen hatte.

Durch das Leben in Gemeinschaft, die guten Gespräche und die ständige Konfrontation mit dem Glauben im Alltag konnte ich meinen Fragen nicht mehr ausweichen. Ich musste mich mit den Geschehnissen der vergangenen Jahre auseinandersetzen, so schwer es mir auch fiel. Und langsam packte ich aus, was meinen Rucksack so schwer machte. Mir wurde klar, dass ich Trauer und Schmerz über den Verlust meiner Heimat unter frommen Sprüchen vergraben hatte. Ich war enttäuscht von Gott, aber davon überzeugt, dass ich dazu nicht berechtigt war. Schließlich glaubte ich doch, dass er ein guter Vater ist und nur das Beste für seine Kinder will. War es nicht ungehorsam, an Ihm zu zweifeln?

Mitten in diesem Konflikt standen mir Menschen zur Seite, die für mich glaubten, als ich es nicht mehr konnte und wollte. Die mich verstanden, und vor denen ich mein Gepäck auspacken durfte. Schritt für Schritt erlebte ich Gott als einen himmlischen Vater, auf dessen Schoß ich mitsamt all meinem Gepäck willkommen war. So blühte in mir eine neue Sehnsucht auf. Ich wollte leben, nicht überleben. Ich wollte lernen, zu kämpfen. Ich wollte Gott eine neue Chance geben und Ihn neu kennenlernen. Während meiner Zeit in Reichelsheim habe ich einen Ort gefunden, zu dem ich rennen darf, wenn es mir zu schwer wird, einen Ort, an dem ich Kraft zum Leben schöpfen kann – das Kreuz. Zudem habe ich einen Ort gefunden, dessen Bewohner ihn mir zu einer Heimat in Deutschland gemacht haben.
Ein Geschenk, mit dem ich nicht gerechnet hatte.

Natürlich ist nicht alles perfekt geworden. Ich kämpfe immer noch und muss mich immer wieder neu für Gott entscheiden. Aber ich bin aufgebrochen. Ich blicke versöhnter in meine Vergangenheit und hoffnungsvoller in meine Zukunft.

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